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Zeitzeugen berichten


Prof. Christhard Schrenk im Gespräch mit Alfred Huber und Marianne Keller über Protestaktionen

Schrenk: Am 2. Februar 1985 kam es zu dem Marsch der 10.000, bei strömendem Regen. Wer war da dabei? Und wie lief das ab?

Keller: Aufgerufen hatten mit Ausnahme der CDU alle politischen Parteien, die Gewerkschaften und verschiedene Friedensgruppen. Dabei waren der CVJM eben-so wie die Naturfreunde, der Bundestagsabgeordnete Dr. Dieter Spöri, Neckarsulms Oberbürgermeister Dr. Erhard Klotz sowie etliche Bürgermeister und Ge-meinderatsmitglieder aus dem Landkreis. Von einigen Teilnehmenden wurde bedauert, dass die Heilbronner Verwaltungsspitze nicht anwesend war. Trotz der mehr als ungünstigen Witterungsbedingungen machten sich weit mehr Menschen zu dieser Demonstration auf, als selbst die Veranstalter sich hätten träumen lassen. Und auffällig war eben, dass die Teilnehmenden aus allen gesellschaftlichen Gruppen kamen, was wir vorher so nicht erlebt hatten. Es war zu einem Schweigemarsch aufgerufen worden, und die Menschen verhielten sich auch ruhig. Der Kommentar des verantwortlichen Chefs der Heilbronner Schutzpolizei lautete: „Keinerlei Zwischenfälle“.

Huber: Danach gab es eine große Protestversammlung in der Harmonie mit 1.200 Menschen. Elke Schultz-Hanßen hat sie damals moderiert.

Schrenk: Ein anderes, sehr spannendes Stichwort heißt Heilbronner Begegnungen der Berliner Akademie der Künste. Es gab zwei solche Begegnungen. Die erste fand im Dezember 1983 statt.

Huber: Angefangen hat das damit, dass ein Pfarrer aus Lauffen auf die Akademie der Künste in Berlin hingewiesen hat. Kurz zuvor hatten sich Aktive mehrerer Friedensgruppen im Heilbronner Friedensrat zusammengetan. Eine von vielen Initiativen war, mit Günter Grass Verbindung aufzunehmen. Im Endeffekt war bei meiner Frau und mir in der Wohnung quasi das Büro der Heilbronner Begegnung. Es gab sehr vielfältige Aktionen. Wir waren begeistert, dass bekannte Men-schen wie Schriftsteller Günter Grass, Peter Härtling und Walter Höllerer, Autorin Ingeborg Drewitz, aber auch Architekt Julius Posener da waren. Diese ganze Atmosphäre war schon sehr berührend. Und da waren so viele interessierte Leute dabei, vor allem auch bei der zweiten Heilbronner Begegnung im Dezember 1985, die wir dann für unsere Arbeit im Friedensrat gewinnen konnten.


Quelle: Schrenk, Christhard (Hg.): Die 1980er Jahre in Heilbronn. Erinnerungen, Erkenntnisse, Aktualität. Heilbronn 2020.